Kommunikation - Selbstgespräche

Auszug aus Jürgen Zirbik: Sie können das – Kommunikation mit GMV – mit gesundem Menschenverstand überzeugen – Kommunikation für Führung, Verkauf und den ganzen Rest, Friendship Verlag, Nürnberg 2014.
Ich sehe, was du nicht sagst
Der Mensch mit dem Sie am häufigsten und intensivsten sprechen, sind Sie selbst. Selbstgespräche haben einen immensen Einfluss auf Ihr Denken, Ihren Zustand, Ihre Emotionen und Ihr Verhalten, insbesondere unbewusstes Verhalten. Das können Sie nicht bewusst zu 100-Prozent regulieren.

Am Besten, Sie bleiben immer “bei sich”, dann werden andere Menschen Sie als angenehm und integer empfinden – automatisch. Alles andere geht meistens in die Hosen, wie viele sogenannte “Profi-Kommunikatoren” schon erleben durften. “Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort… .”

Selbstgespräch: Blick hinter die Kulissen

Ein hochrangiger Politiker steht seit Monaten in der Kritik. Man nennt es eine Affäre. Der Politiker, nennen wir ihn Wolf, soll sich der Vorteilsnahme schuldig gemacht haben. Er bekommt seit Jahren beim Italiener um die Ecke morgens, mittags und abends seinen Espresso umsonst. Deutschland und seine Medien, insbesondere die politischen Gegner, sind in hellem Aufruhr. Sie wissen schon, das sei „verabscheuungswürdig“, das „beschädige das Amt“ etc.
Angeblich hat er den Restaurantbesitzer, nennen wir ihn Alfredo, im Gegenzug regelmäßig zu offiziellen Empfängen eingeladen. Wolf ist sich keiner Schuld bewusst, macht das seit Jahren so, hält das für völlig normal und steht jetzt vor der für ihn seltsamen Situation, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Sein mit allen Wassern gewaschener Pressesprecher hat ihm geraten, die kostenlos erhaltenen Kaffees als „normales Verhalten eines italienischen Gastronomen“ zuzugeben, die persönlichen Einladungen abzustreiten und darauf zu verweisen, dass, wenn überhaupt, Einladungen ohne sein Wissen über das Büro für Öffentlichkeitsarbeit erfolgten. Ein Bauernopfer wird sich schon finden lassen (ja, so läuft das).
Auszug aus einem imaginären Interview mit Selbstgesprächen
Interviewer (Dr. Meyer): Herr Wolf, Sie haben zugegeben, täglich dreimal Espresso angenommen zu haben, streiten jedoch die persönlichen Einladungen an Alfredo weiterhin ab. Wie verträgt sich die Annahme von rund 25 Litern Espresso in 10 Jahren mit Ihrem Amt?
Wolf: (Gedanken: Was will der Typ von mir? Wie 25 Liter Espresso? Wo haben die das denn her? Was hat das denn damit zu tun? Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Ja gut, ich habe zweimal eine Einladung geschickt. Vom Büro aus wäre er nie offiziell eingeladen worden. Er hat mich so nett um den kleinen Gefallen gebeten. O. k. – war ein Fehler.)
[Körpersprache: Wolf blickt den Interviewer an. Nur kurz. Dann nach unten. Gequältes Lächeln.]
Herr Dr. Meyer, [Blick nach unten – Erinnerung – da war doch mal so eine Idee im Integrationsausschuss] … äh (weitere Ähs lasse ich weg – Sie können sich vorstellen, dass davon noch einige als Denkpausen nötig sind) … im Zuge meiner Aufgaben als Integrationsbeauftragter ist es durchaus üblich, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger regelmäßig zu kontaktieren, wozu auch der Besuch von ausländischen Restaurants gehört, die ja das kulturelle Leben in unserem Land ausgesprochen bereichern.
(Was rede ich hier für einen Mist? O. k., er lässt mich weiterreden, dann weiter. Wie hat mein Kommunikations-Trainer gesagt, beantworte keine unangenehmen Fragen, sage einfach, was du willst, egal was gefragt wird.)
Im Zuge dieser Besuche kann es durchaus hin und wieder vorgekommen sein, dass mir der Besitzer von dem besagten Restaurant, um das es in diesem Gespräch geht, …
(Jetzt muss ich aufpassen, dass ich den Faden nicht verliere)
[Wolf blickt nach oben – jetzt konstruiert, erfindet er]
… einmal einen Espresso serviert hat und auf meine Bitte, zu zahlen, bemerkte, das ginge aufs Haus. Das ist gerade bei südländischen Gastronomen durchaus nicht ungewöhnlich, wie Alfredo mir bestätigte. Ich habe mich hier kulturell angepasst und war höflich. Ich sehe keinerlei Zusammenhang zwischen meinem Amt und der erfolgten Espresso­- Ausgabe.
(Meine Güte, was für ein Scheiß. Haben wir keine anderen Probleme in diesem Land?)
[Der Puls geht langsam weiter nach oben, Wolf ändert etwas hektisch die Haltung und schiebt das Kinn nach vorne (Aggression)]
(Der Interviewer registriert: Wolf wird unruhig. Ich habe ihn mit irgendetwas getroffen.)
Im Übrigen kann von 25 Litern Espresso überhaupt nicht die Rede sein. Wer hat das errechnet? Wo haben Sie das her?
Interviewer: (Typisches Politiker-Blabla. Er antwortet nicht auf meine Fragen. Er wird aber unruhig)
[Interviewer blickt Wolf direkt an. Wolf blickt kurz auf, dann am Interviewer vorbei]
Herr Wolf, die Frage ist nicht, wie wir recherchieren und woher wir unsere Informationen haben, die Frage, die sich mittlerweile viele Menschen und das Parlament stellen, ist …
(Wolf denkt: Kann der nicht endlich aufhören?)
… ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den regelmäßig und in großen Mengen genossenen kostenlosen Kaffees und den Einladungen an Alfredo zu offiziellen Veranstaltungen, bei denen er normalerweise nichts zu suchen gehabt hätte. Daraus sollen ja Geschäfte entstanden sein und auch die Reduzierung der Pizzasteuer auf zwei Prozent.
(Gedanken Interviewer: Hm, ich bin gut heute, bei Wolf merkt man aber auch, dass er sich windet wie ein Aal)
[klare, deutliche Sprache. Fester Blick in Richtung Wolf.]
Wolf: (Das ist ein echter Korinthenkacker. Der denkt wohl, ich sitze hier beim Verhör. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen – höchstens ein bisschen gelogen)
[Wolf blickt kurz Meyer an, schaut dann wieder nach unten, fasst sich an die Nase]
Wolf: Ich kann nur nochmals betonen, dass es keinerlei Zusammenhang gibt zwischen den hin und wieder und im Rahmen meiner Tätigkeit als Integrationsbeauftragter zu mir genommenen Kaffees, deren Bezahlung Restaurantbesitzer Alfredo, quasi aus kulturell bedingten Gründen, nicht angenommen hat, … äh …
(Äh, wie komme ich jetzt zum Ende dieses Satzes und wie hat er begonnen? Egal, irgendwie weiter.)
… jedenfalls haben Sie bisher, wohl auch aufgrund der widersprüchlichen Rechercheergebnisse Ihrer Mitarbeiter, die falschen Schlüsse gelogen … äh, gezogen.
(Was war das denn? Wie komme ich denn auf dieses Wort? Ich wäre jetzt gerne zuhause bei meiner Frau, meinen Kindern und meiner elektrischen Eisenbahn)
[hektische Haltungsänderung, hilfesuchender Blick zum Pressereferenten im Hintergrund] … ENDE (der Satire)
Eine unsichere innere Haltung mit den entsprechenden inneren Dialogen führt nicht nur zu sogenannten freud´schen Versprechern (gelogen statt gezogen), sie lässt den unsicheren Kandidaten auch schlecht aussehen. Ganz abgesehen davon, dass sich wohl niemand in so einer Situation wohlfühlt, ist zu erkennen, dass sich der imaginäre Politiker Wolf tatsächlich wie in einem Verhör fühlt. Eben so, wie es ihm seine innere Dialogfrage eingeflüstert hat.

Souverän Kommunizieren

Kümmern Sie sich also zuallererst darum, dass Ihre inneren Gespräche gut verlaufen. Die Voraussetzungen dafür sind, um es mit GMV auszudrücken, relativ einfach:
  • Wer immer die Wahrheit sagt, braucht kein gutes Gedächtnis.
  • Stehen Sie zu den Dingen, die Sie gesagt oder getan haben, egal ob sie als richtig oder falsch bewertet werden.
  • Geben Sie Fehler einfach zu.
  • Verteidigen Sie sich vehement, wenn Sie überzeugt sind, dass Angriffe zu Unrecht erfolgen.
  • Hören Sie nicht auf geschliffene Konfliktberater. Die sind meist GMV-frei.
  • Hören Sie auf Ihren gesunden Menschenverstand.
  • Bemühen Sie sich um eine klare innere Haltung – das sollte sich gut anfühlen.
  • Bringen Sie Ihre innere Haltung nach außen.
  • Akzeptieren Sie die schlimmsten Konsequenzen vorher.